"Spieltag 58": Die Fans gehen auf die Barrikaden
Anhänger inszenieren "Trauer um deutsches Eishockey"
Als ob die DEL derzeit nicht genug Sorgen hätte: Nach den finanziellen Offenbarungseiden in Köln, Kassel und zuletzt Krefeld, sowie der latenten und immer wieder aufflackernden Kritik an der Qualität des deutschen Eishockeys, die zwangsläufig auch auf die DEL abstrahlt, gehen nun auch noch die Fans auf die Barrikaden. Ein skurriler Protest - erdacht von Mannheimer Anhängern - soll am Dienstag Verantwortliche wachrütteln. Doch man fragt sich zwangsläufig: Und was dann?
Bundesweit haben die Initiatoren der Aktion «Spieltag 58» dazu aufgerufen, in schwarzer Kleidung im Stadion zu erscheinen, um so das «geliebte Hobby» deutsches Eishockey zu Grabe zu tragen. Wer die wenig aussagekräftige Seite des Projektes im Netz besucht, erfährt jedoch kaum etwas über die wahren Hintergründe. Vordergründig geht es um Schiedsrichterentscheidungen, eine überharte Regelauslegung, die «Rasse und Klasse» im Eishockey zuwider laufen würden. Aber mal ehrlich: Beängstigen dürfte die Verantwortlichen der DEL nicht der vordergründige Anlass der Proteste, sondern die Proteste selbst - sofern sich am morgigen Dienstag viele eingefleischte Anhänger in den Stehblöcken anschließen. Denn dass es in der «alten Fanwelt», also unter dem sogenannten "Nicht-Event-Publikum" rumort, ist lange bekannt. Auch der DEL-Führung ist es nicht verborgen geblieben, dass viele Kenner des Sports die Entwicklung der Nationalmannschaft, aber auch der Liga mit ihren Fastpleiten und einer Übermannschaft Eisbären Berlin (Langeweile lässt grüßen) kritisch betrachten.
Das Problem aller Beteiligter - auch der protestierenden Fans - scheint die Ratlosigkeit über die Zukunft und den richtigen Weg dorthin zu sein. Denn trotz gelegentlicher und im Einzelfall sicher kluger Verbesserungsvorschläge wie «Reduzierung der Ausländer», «Pflichteinsätze für U23-Spieler im vierten Block» und vielem mehr, mangelt es an der Zauberformel. Der Zauberformel, die die leeren Hallen wieder voll macht und damit die Kassen der Clubs. Und sorry, Fans: Diese Zauberformel kann nicht aus einem "wir lassen wieder mehr Faustkämpfe zu" bestehen! Ein tausendfach in sich verwobener gordischer Knoten will zerschlagen werden, um die Probleme des deutschen Eishockeys zu bewältigen. Gewiss wurde in Köln über die Verhältnisse gelebt, gewiss könnte das deutsche Eishockey besser sein, gewiss könnte der Nachwuchs besser gefördert werden. Aber es gibt eben auch Faktoren, die kurzfristig niemand beeinflussen kann aus der Eishockeyszene. Eine Wirtschaftskrise mit Konsumzurückhaltung und ein übermächtiger Konkurrent namens Fußball sorgen eben auch dafür, dass Eishockey in der öffentlichen Wahrnehmung eine Randsportart ist.
Dies ist jetzt keineswegs ein Plädoyer gegen angemahnte und dringend notwendige Reformen, realistischere Etatplanung oder neue Spielmodi. Es ist ein Eingeständnis der Ratlosigkeit, die in gewisser Weise auch der Autor dieser Zeilen verspürt. Aber vielleicht haben die Fans in ihren schwarzen Kitteln ja morgen auch Antworten zur Hand, ansonsten wird ihr Protest originell aber wirkungslos bleiben. Und das wäre schade.
|