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Fischtown Pinguins 21.01.2021, 19:35

"Ich würde gar nichts anders machen!"

Interview mit Thomas Popiesch - Teil 1/2

Thomas Popiesch.
Thomas Popiesch.
Foto: City Press.
Interview Thomas Popiesch avancierte in den vergangenen Jahren zu einem der besten deutschen Trainer. Ivo Jaschick sprach mit ihm im ersten Teil des Interviews über seine Zeit in der DDR und seine gescheiterte Flucht.

Thomas Popiesch erblickte am 21. Juli 1965 das elektrische Licht der damaligen DDR in Ost-Berlin. Sehr schnell fand er Gefallen am Eissport und entwickelte sich zu einem der größten Talente. Da er nicht regimekonform war, kam seine kam seine Spielerkarriere nach einem gescheiterten Fluchtversuch ins Stocken. Doch Popiesch wäre nicht Popiesch, hätte er aufgegeben - er verwirklichte noch seinen Traum.

Wie kamen Sie damals überhaupt zum Eishockey?

Durch meinen Vater, der damals in Berlin eine Eisfläche unterhalten hat. Dadurch hat er mich schon ziemlich früh des Öfteren mitgenommen und so erlernte ich auch schon in frühster Kindheit das Schlittschuhlaufen. Mit fünf Jahren kam ich dann zu Dynamo Berlin in die Laufschule!

Wer waren in der Zeit Ihre Idole, Ihre Vorbilder, zu denen Sie bewundernd aufgeblickt haben?

Das waren natürlich in erster Linie die Cracks von Dynamo Berlin, wie Dietmar Peters, Dieter Frenzel! Da wir aber auch sehr gen Osten orientiert waren, nach Russland hin, spielten auch Akteure der Sbornaja (russische Nationalmannschaft) eine große Rolle - Igor Larionow, Sergei Makarow und wie sie alle hießen. Der Westen, die NHL war eher verpönt.

Nach meinen Informationen waren Sie schon in Ihrer Kindheit eines der größten Talente und wurden immer besser - und der Westen lockte! Spitzensportler genossen doch viele Privilegien. Warum haben Sie da überhaupt Gedanken an eine Flucht gehegt, die dann leider auch schief ging?

In meiner Jugend, Anfang der 80er Jahre hatte ein DDR - Sportler schon einige Privilegien, da er vom System gefördert wurde. Aber er musste immer damit rechnen, dass diese Förderung von heute auf morgen gestoppt wird - aus welchem Grund auch immer. Und war man von diesem System nicht so überzeugt und stand nicht 100 %-ig hinter der Sache, war es schon ein Problem. Da ich auch schon als Jugendlicher in dieser Hinsicht unangenehm aufgefallen war - ich war nicht immer so "ordentlich", wie ich es wohl hätte sein sollen - gab es schon Probleme. Ja, und dann war da noch dieser Drang zu flüchten, da ich in diesem System nicht existieren und leben konnte! 

Und dann haben Sie im Alter von 17 Jahren Ihren schon länger gehegten Plan der Flucht versucht umzusetzen!

Ja, ich wollte damals das erste Mal in der Nähe von Bratislawa (gehörte damals noch zur "Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik (?SSR)" nach Österreich flüchten. 

Leider ging der Plan nicht auf, Sie wurden geschnappt und für längere Zeit ins Gefängnis in Bautzen gesteckt!

3½ Jahre musste ich ins Gefängnis und davon war auch eine gewisse Zeit im Gefängnis von Bautzen. Bautzen hat ja wegen der NS-Zeit einen nicht so guten Ruf, aber damals war es ein ganz normales Gefängnis. Wie soll ich es sagen, ich kannte so etwas überhaupt nicht, für mich als Teenager war es absolutes Neuland. Ich war zuerst 10 Monate in Untersuchungshaft und war in dieser Zeit sehr lange allein, auf mich allein gestellt. Es ist nicht sehr einfach jetzt über diese "Ewigkeit" - so kam es mir jedenfalls vor - zu reden, aber es war auch nicht ganz so dramatisch, wie es heute im Nachhinein dargestellt wird.

Wollte man an Ihnen eventuell ein Exempel statuieren?

Das ist vielleicht ein bisschen weit her geholt, aber man wollte mir auf jeden Fall nicht die Möglichkeit geben im Westen Fuß zu fassen. Das hat sich ja auch später gezeigt, als sie alle Versuche, mich frei zu tauschen oder kaufen, abgelehnt haben. Die Oberen wollten einfach nicht, dass ein junger, in der DDR ausgebildeter, junger Sportler im Westen Karriere macht, Geld verdient, ein schönes Leben hat und damit Vorbild werden könnte für alle anderen Sportler dort! Das war wohl der Hauptgrund - man hatte ja versucht den eigenen Leuten den Westen schlecht zu reden, dass man dort sozial nicht aufgefangen wird, dass man keine Perspektive hat - ihr System das einzig Wahre ist.

Mit den vier Jahren im Gefängnis war Ihre Eishockeykarriere auf jeden Fall am Ende und Sie konnten nur noch hobbymäßig dem Puck hinterherjagen!

Es gab bei uns ja nur zwei Vereine! Dynamo Berlin und Dynamo Weisswasser, zwei sogenannte Polizeivereine - und da konnte ich ja als ehemaliger Gefängnisinsasse nicht mehr spielen. Einen Hobbybereich gab es in der DDR kaum oder gar nicht. Eine Mannschaft "Spartakus Berlin" gab es und die hatte mein Vater ins Leben gerufen. Einmal die Woche stand denen das Eis montags für eine Stunde zur Verfügung und da war es mir erlaubt ein wenig mit zu zocken.

1989 haben Sie es dann noch einmal, kurz vor dem Fall der Mauer, diesmal aber über Ungarn, erfolgreich versucht und waren am Ziel Ihrer Träume!

Ja, richtig! Ich spielte noch einige Jahre bei verschiedenen Vereinen in verschiedenen Ligen - in der DEL bei Nürnberg, Krefeld, Frankfurt, und in der 2. Liga. Man muss natürlich auch bedenken, dass ich in den letzten sieben Jahren kein richtiges Eishockeyspiel mehr absolviert hatte! Mit 17 Jahren habe ich mit dem Eishockey gezwungenermaßen aufhören müssen und dann mit 24 Jahren wieder angefangen. In dieser Zeit wurde halt meine ganze sportliche Entwicklung gestoppt, aber ich war dann doch sehr froh und habe es als Erfolg gewertet, dass ich wieder in der 2. Liga anfangen dürfte, konnte! Danach kamen vier Jahre Bundesliga/DEL und DEL2. Da konnte ich dann wenigstens machen, was ich gerne gemacht habe - und ich habe es lange und gerne ausgekostet - bis Ende 40!

Wann kam Ihnen der glorreiche Gedanke: Trainer, das wäre doch etwas!

Dieser Gedanke schwirrte schon länger in meinem Kopf herum. Schon als Jugendlicher, noch zu DDR - Zeiten trug ich mich mit dem Gedanken, dass ich in Leipzig ein Sportstudium absolviere, um dann irgendwie den Absprung in den Trainerberuf hinkriege! Dieser Gedanke beschäftigte mich also schon sehr früh und ist dann später ein wenig in den Hintergrund getreten, hat sich dann zum Ende hin, wieder nach vorne gedrängt. In Essen habe ich auch viel den Nachwuchs trainiert, war Co-Trainer und habe meine Trainerscheine gemacht. Da habe ich dann wirklich gemerkt, dass das meine Zukunft sein könnte! Dieser Prozess hat aber bestimmt sieben, acht Jahre gedauert!

Da können wir nur "Gott sei Dank" sagen, dass Sie diesen Weg eingeschlagen haben! Haben Sie auch Trainingsmethoden aus Ihrer DDR-Zeit übernommen?

Ja, ich habe da schon so ein bisschen versucht zu mischen, aber es sind ja viele Sachen, die früher aktuell waren und heute durch wissenschaftliche Untersuchungen widerlegt sind. Natürlich sind einige Sachen auch geblieben. Aber der Eishockeysport hat in den letzten Jahren so eine rasante Entwicklung genommen, dass für mich vieles auch Neuland war - da konnte ich meine Erfahrungen als Spieler gar nicht mehr anwenden. Es kamen so viele neue Aspekte, Sichtweisen hinzu, um die zu verstehen und umzusetzen ich auch erst mal eine Zeit brauchte! 

Gab es früher in der DDR auch im Eishockey Doping - "das musst du schlucken damit du weiter gefördert wirst!"? 

Bei uns im Eishockey gab es so etwas nicht! Es hätte sowieso nicht so einen großen Vorteil gegeben und außerdem war Eishockey bei Olympia in der DDR keine Sportart, die je eine Chance gehabt hätte eine Medaille zu holen. Deshalb war Eishockey für das Doping-Programm des Landes auch nicht interessant! Die Doping-Geschichten kamen ja hauptsächlich in diesen Ausdauersportarten, wie Leichtathletik, Rudern, Biathlon. Im Eishockey war es nicht relevant! Aber auch wir wussten schon, dass, im Dynamo Sportforum wurde es an gleichaltrigen Schwimmer/Innen deutlich sichtbar, gedopt wurde! Innerhalb von ein/zwei Jahren haben diese Personen eine extreme Veränderung vollzogen, so dass uns schon klar war, dass dort im Dopingbereich viel und hart gearbeitet wurde!

- - - 

Ende Teil 1/2. Fortsetzung folgt.

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Gast
24.04.2024 05:05 Uhr


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Kommentare (3)
22.01.2021, 07:39 Uhr
Niedersedlitzer
Popiesch sehr guter Trainer unerreichbar in Dresden, vielleicht schafft es der Brockmann jetzt dort weiter zu machen!
Bewerten:9 

21.01.2021, 23:28 Uhr
Einheit
Bremerhaven hat in den letzten 10 Jahren den größten Schritt nach vorn gemacht !! das muss man neidlos anerkennen , egal aus welchem fan lager man kommt !👍
Bewerten:17 

21.01.2021, 20:01 Uhr
Eishockey
Hervorragend!
Es gibt in DEL + DEL2 (zu)wenig deutsche Trainer.
Popiesch kam von Dresden nach Bremerhaven. Dann ging es wirklich richtig vorwärts mit Bremerhaven und Popiesch.
Leider kam er damals nicht zum ECN - Kujala kam stattdessen.
Für Bremerhaven genau der richtige Mann. Aus ...
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